Hamburg – Überschuldete Menschen sind oft nicht bereit, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt etwa 6,93 Millionen überschuldete Erwachsene in Deutschland, doch nach Schätzungen des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) haben 2018 nur etwa 520.000 Personen eine Schuldnerberatung aufgesucht.
Im Jahr 2017 waren es noch 560.000 Menschen, im Jahr davor 617.000 Menschen, die eine Schuldnerberatung aufgesucht haben. «Die Hürden, eine Überschuldung als solche zu erkennen, sich beraten zu lassen, sind offensichtlich zu hoch», sagte iff-Geschäftsführer Dirk Ulbricht bei der Vorstellung des Überschuldungsreports auf der Internationalen Konferenz zu Finanzdienstleistungen in Hamburg. Ein einfacher Zugang zu Krediten vergrößere dieses Risiko: «Viele wollen sich nicht die Blöße geben, machen das Problem mit einem weiteren Kredit aber nur größer.»
Größtes Risiko für Überschuldung ist dem Bericht zufolge weiterhin vor allem Arbeitslosigkeit (23,1 Prozent). «Angesichts des anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwungs ist das beachtlich», sagte Ulbricht. Weitere Gründe für Überschuldung sind Scheidung oder Trennung (10,5 Prozent), Krankheit (10,0 Prozent) oder Einkommensarmut (9,6 Prozent). Lediglich 17,6 Prozent der Auslöser einer Überschuldung konnten vermeidbarem Verhalten zugeschrieben werden, etwa dem Konsum oder fehlender finanzieller Allgemeinbildung.
Die meisten Schuldner sind wegen verhältnismäßig geringen Summen überschuldet: Der mittlere Beratene habe Schulden von rund 14.300 Euro, seit Jahren nimmt die Schuldenhöhe ab. Deutlich mehr als die Hälfte der Überschuldeten haben Schulden von weniger als 20.000 Euro, die sich auf maximal zehn Forderungen verteilen.
Verbraucher sollten sich vor der Kreditaufnahme immer selber fragen: «Brauche ich diesen Kredit wirklich?», empfahl Ulbricht. «Wenn ich ohne den Kredit nicht mehr auskomme, ist das ein Warnzeichen.» Ein Kredit sei hingegen dann kein Problem, wenn die Einkommenssituation ihn zulasse und Verbraucher in etwa wüssten, was auf sie zukommt.
Für den iff-Überschuldungsreport waren in Zusammenarbeit mit der Stiftung «Deutschland im Plus» insgesamt 124.977 Fälle aus allen Bundesländern ausgewertet worden, davon 11.038 aus dem Jahr 2018.
Fotocredits: Mascha Brichta
(dpa/tmn)