Werden Schneeballsysteme im Netz populär?

Frankfurt/Main – Aus vielen kleinen Beiträgen etwas Großes schaffen – das ist die Idee von Crowdfunding. Seit einigen Jahren ist die Methode, über das Internet potenzielle Investoren für neue Kleinunternehmen zu finden, beliebt.

Soziale Projekte sammeln auf diesem Weg ebenfalls Geld. Verbraucherschützer warnen nun aber davor, dass Betrüger diesen Begriff auszunutzen versuchen. Wachsame Investoren können vorgetäuschtes Crowdfunding aber leicht erkennen.

Das Auftreten der Anbieter, vor die die Initiative Marktwächter Finanzen, ein Projekt der Verbraucherzentralen, warnt, scheint auf den ersten Blick seriös und modern. Auf Plattformen wie Xing und Youtube werben sie damit, dass sich mit ihrem Modell jeder seinen Traum erfüllen könne. Er müsse nur eine bestimmte, relativ geringe Summe in andere Projekte investieren und wiederum Freunde als Spender anwerben. Dann, so das Versprechen, erhält der Investor Geld für eigene Projekte – und wenn es nur für ein neues Auto ist.

Auf den professionell gestalteten Webseiten solcher Anbieter ist von Crowdfunding die Rede. «Man denkt, das hat etwas mit Crowd und Spende zu tun», sagt Wolf Brandes von der Verbraucherzentrale Hessen in Frankfurt am Main. Er ist Teamleiter des Marktwächters Finanzen für den Bereich Grauer Kapitalmarkt. Auf den zweiten Blick aber werde klar, dass Investoren weitere Menschen zum Mitmachen animieren sollen und, abgestuft nach Engagement, an den «Spenden» verdienen können. Ein klassisches Schneeballsystem, das gesetzlich verboten sei.

Das sogenannte Schneeballsystem funktioniert, indem alle Beteiligten ständig neue Mitglieder werben, die Geld investieren. Eine Gegenleistung erfolgt allerdings nicht, die einzige Geldquelle sind stetig neue Mitglieder. Gemäß des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb sind diese Investmentformen in Deutschland verboten.

«Insgesamt sind uns annähernd 20 solcher Angebote aufgefallen, die Beschwerden kamen aus neun Bundesländern», sagt Brandes. Schneeballsysteme gebe es zwar schon lange. «Aber nun verbreiten sie sich über das Internet.» Dass die Anbieter zumindest fragwürdig seien, falle schon beim Blick auf ihre Homepage auf. «In einem Fall fehlt beispielsweise ein Impressum», erklärt Brandes. Als Kontakt sei lediglich eine Adresse in den Niederlanden angegeben.

Renate Daum von der Stiftung Warentest in Berlin ist über den Verdacht der Verbraucherschützer nicht überrascht. «Crowdfunding ist ein Modethema», sagt sie. Dass Betrüger es mit dieser Masche versuchen, sei daher normal. «Eigentlich müssten die Leute inzwischen gewarnt sein.» Sie rät Verbrauchern, bei Investmentangeboten aus dem Ausland grundsätzlich vorsichtig zu sein: «Wenn es nicht logisch ist, warum der Investor im Ausland sitzt, sollte man misstrauisch werden – etwa, wenn der Geschäftssitz in der Schweiz ist, das Geld aber an eine Bank in Panama überwiesen werden soll.»

Falle hinterher auf, dass es sich um Betrug handele, sei es schwer, im Ausland seine Rechte geltend zu machen. Das gelte auch für Investitionen in Industrieländern wie den USA. Zweiter kritischer Punkt: das Alter des Unternehmens. «Wenn der Anbieter frisch gegründet ist, ist es ebenfalls schwierig, ihn einzuschätzen», sagt Daum. Es gebe keine Belege, dass Bonität gegeben ist.

Christian Urban von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf empfiehlt Verbrauchern vor einer Investition in ein Produkt, das eine sehr hohe Rendite verspreche, die Homepage der Aufsichtsbehörde Bafin und die Warnliste der Stiftung Warentest zu prüfen. Möglicherweise werde dort vor dem Anbieter gewarnt. «Umgekehrt gilt aber: Finden Sie dort keine Hinweise, muss es sich nicht zwingend um ein seriöses Unternehmen handeln», sagt Urban.

Fotocredits: Sebastian Gollnow
(dpa/tmn)

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