Reich werden mit dem Robo-Advisor?

Berlin – Das Thema digitale Geldanlage ist derzeit in Bewegung. Laut einer
Studie der Deutschen Bank behaupten sich Robo-Advisor in Deutschland inzwischen.

Allein im vergangenen Jahr stieg das verwaltete Vermögen bei den Anbietern auf rund 3,8 Milliarden Euro. Das Volumen hat sich seit dem Jahr 2016 mehr als verzehnfacht. Seit dem Start des ersten Robo-Advisors 2013 gab es innerhalb weniger Jahre rund 40 Angebote. Nach Zusammenschlüssen sind derzeit etwa 25 Anbieter aktiv.

Die Anbieter

Das betreute Vermögen verteilt sich auf wenige Anbieter. Als Marktführer gilt Scalable Capital, der allein mehr als eine Milliarde Euro verwaltet. Zu den größeren Adressen zählen Cominvest von der Commerzbank-Tochter Comdirect und Quirion von der Quirin Privatbank.

Das Grundprinzip der Anbieter ist ähnlich: Sparer benennen Anlagezeiträume und Risikoneigung. Danach wird das Geld über Fonds und mehrere Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien weltweit investiert. Manche Anbieter passen das Portfolio automatisch an. Die Firmen verlangen meist Gebühren von unter einem Prozent.

Der Vorteil für Verbraucher: «Sie haben die volle Kontrolle über ihr Depot und jederzeit Einblick in jedes gewählte Anlagepapier samt Wertentwicklung», erklärt Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzende der Quirin Privatbank und Quirion. Bei aktiven Fonds sei das Agieren des Managers dagegen wenig transparent.

Expertenmeinungen

Die digitale Vermögensverwaltung senke die Einstiegshürde für unerfahrene Anleger. «Viele sehen derzeit keine Alternativen zum Sparbuch», sagt Stefan Mittnik, Professor für Finanzökonometrie und Direktor des Center for Quantitative Risk Analysis an der Ludwig-Maximilians-Universität. Die Alternative: «Sie nehmen die Geldanlage selbst in die Hand. Aber das trauen sich viele nicht.»

Niels Nauhauser bewertet die digitale Vermögensverwaltung etwas kritischer: «Eine Technologie, die vollständig ohne persönliche Kommunikation auskommt, wird leicht als neutral, objektiv und interessenfrei dargestellt», sagt der Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Doch der Zweck dieser Angebote sei schließlich auch, Dienstleistungen zu verkaufen. Verbraucher könnten die Qualität von Robo-Advice kaum bewerten.

Bisher scheinen sich die digitalen Angebote für Kunden auszuzahlen. Laut der Studie der Deutschen Bank haben die Anlageroboter mit im Schnitt vier Prozent Rendite im Jahr 2017 und Verlusten von mehr als fünf Prozent im schwierigen Börsenjahr 2018 solide abgeschnitten. Damit lagen sie vor vergleichbaren aktiv gemanagten Fonds.

Die Frage der Haftung

Die Produkte mussten sich bislang aber noch in keiner Krise bewähren. «Solange alle zufrieden sind, gibt es auch keine großen Probleme» sagt Rechtsanwalt Thorsten Krause aus München. Das kann sich ändern, wenn Anleger auch bei ihrem Robo-Advisor mit größeren, unerwarteten Kursverlusten konfrontiert werden. «Dann stellt sich schnell die Frage der Haftung.» Doch: Mit den Problemen rund um die digitale Vermögensverwaltung haben die Gerichte bisher keine Erfahrung.

Ein Beispiel: «Nach Aufsichtsrecht ist die natürliche Person anzugeben, der die Beratung zuzurechnen ist», erklärt der Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht. Aber wer ist dies bei digitalen Produkten? Der Berater, der die Empfehlungen für die Programmierung festgelegt habe, der Programmierer oder eine weitere Person, die für den kompletten Robo-Advisor verantwortlich ist?

Wer Robo-Advisor nutzen will, sollte laut
Stiftung Warentest etwas Wissen mitbringen und sich grundsätzlich mit Geldanlage, Fonds und börsengehandelten Indexfonds, sogenannten ETFs, auskennen. Nur so könne man das vorgeschlagene Portfolio einschätzen. Ob Robo-Advisor auf Dauer funktionieren? Es wird sich wohl erst in einigen Jahren zeigen, wer schlauer ist: der Mensch oder die Maschine.

Fotocredits: Andrea Warnecke,Sven Serkis,Marion Hogl,Scalable Capital
(dpa/tmn)

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