Was die Rentenerhöhung bringt, und wie es weitergeht

Berlin – Die Bezüge der rund 21 Millionen Rentner in Deutschland steigen an diesem Sonntag spürbar. Zugleich gleichen sich die Renten in Ost und West weiter an. Was auf die Betroffenen zukommt, was zu beachten ist und wie es bei der Rente weitergehen könnte – ein Überblick:

Wie stark steigen die Renten am Sonntag?

Im Westen um 3,22 Prozent und im Osten um 3,37 Prozent. Eine monatliche Rente von 1000 Euro, die nur auf Westbeiträgen beruht, erhöht sich so um 32,20 Euro, eine gleich hohe Rente mit Ostbeiträgen um 33,70 Euro.

Wann kommt das Geld auf dem Konto an?

Wer seit April 2004 Rente erhält, der bekommt den erhöhten Betrag nachschüssig, also Ende Juli. Die anderen erhalten die Zahlung im Voraus, Ende Juni.

Warum steigen die Renten?

Die
Rentenerhöhung beruht nicht auf einer einmaligen Entscheidung etwa der Regierung, sondern auf einer bereits früher festgelegten Formel: Im Kern folgt sie der Lohnentwicklung. Dass die Rente derzeit in Hochform ist, liegt also an der guten Konjunktur. Aber auch die Beitragsentwicklung und das Verhältnis von Beitragszahlern und Rentnern spielen hinein, so dass in den jährlichen Rentenanpassungen künftig auch verstärkt das ungünstiger werdende Verhältnis von zahlreicheren Rentnern und weniger werdenden Beitragszahlern zu Buche schlagen wird. Vergangenes Jahr bekamen die Rentner im Osten 3,59 Prozent und im Westen 1,9 Prozent mehr.

Wie wirkt sich die Erhöhung auf die Krankenkassenbeiträge aus?

Versicherungspflichtige Rentner müssen prozentuale Beiträge für die
Kranken- und Pflegeversicherung zahlen – mit der Rente steigen auch die Beiträge.

Werden auch Mütterrente oder Erwerbsminderungsrente erhöht?

Ja. Die Rentenerhöhung umfasst alle gesetzlichen Renten inklusive Mütterrente, auch Erwerbsminderungs-, Witwen- oder Waisenrente.

Kommt die Rentenerhöhung bei allen komplett an?

Nein. Zehntausende werden wegen der höheren Renten zusätzlich steuerpflichtig. Das
Bundesfinanzministerium hatte den Linken im Bundestag schon im Dezember geantwortet, dass 54.000 Rentner zusätzlich Einkommensteuer zahlen müssen. Das könnten noch etwas mehr werden. Der Staat kann mit 300 Millionen Euro zusätzlich rechnen. Demnach werden rund 4,4 Millionen Senioren steuerpflichtig sein – fast doppelt so viele wie im Jahr 2005. Keine Steuern zahlen müssen jene, deren steuerpflichtiger Anteil der Rente unterhalb des Grundfreibetrags liegt (aktuell 9000 Euro), zuzüglich Werbungskostenpauschale von 102 Euro.

Müssen sich alle Rentner jetzt gleich an das Finanzamt wenden?

«Nein», sagt Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine (BVL). «Die Mehrzahl der Rentner in Deutschland muss sich in der Praxis keine Gedanken um ihre Steuererklärung machen.» Der Grund: Auch das steuerfreie Existenzminimum ist in diesem Jahr um 180 Euro auf 9000 Euro im Jahr angehoben worden. Außerdem können Rentner die auf die Rentenerhöhung anfallenden Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung absetzen. Das sind im Durchschnitt knapp 11 Prozent der Rentenbezüge. Deshalb verändert sich die steuerliche Situation erst, wenn die Rente 2018 um mehr als 200 Euro gegenüber dem Vorjahr steigt.

Wer aufgrund geringer Rente bisher keine Steuererklärung abgeben musste, braucht laut Rauhöft in der Regel auch nach der Anpassung weiterhin keine Steuerbelastung zu befürchten. Nur für einzelne Rentner im Beitragsgebiet West mit Rentenbeginn vor 2007 und im Beitragsgebiet Ost mit Rentenbeginn vor 2010 kann aufgrund der stärkeren Anhebung erstmals eine geringe Steuerbelastung auftreten. Solange keine weiteren Einkünfte vorliegen, sind für Neurentner des Jahres 2018 monatliche Rentenzahlungen in Höhe von etwa 1185 Euro steuerfrei. Für Ehepaare verdoppeln sich die Werte. Wer mit seiner Monatsrente nach der Rentenanpassung diese Werte nicht überschreitet, muss keine Steuernachzahlung einkalkulieren.

Was ist mit den Rentner im Osten?

Ihre Renten werden weiter ans Westniveau angeglichen. Wegen eines Gesetzes vom vergangenen Jahr wird die Rentenanpassung in den neuen Ländern erstmals anders berechnet. Jedenfalls steigt der Rentenwert Ost auf 95,8 Prozent. Bisher lag er bei 95,7 Prozent. Der Rentenwert ist der Geldwert eines Entgeltpunkts, mit dem dann die Höhe der Rente errechnet wird. Bis 2024 steigt er schrittweise auf 100 Prozent – die Angleichung ist dann vollzogen. Die Aufwertung der Berechnungsgrundlage für die Ostrenten wird im Gegenzug abgeschmolzen: Die im Schnitt niedrigeren Osteinkommen werden für die Rente dann nicht mehr ausgeglichen.

Gibt es im Osten mehr Rentner?

Im Verhältnis ja. Wären die fünf neuen Länder ohne Berlin ein eigenständiger Staat, wäre dieser das Land mit den meisten über 65-Jährigen in der EU – mit einem Anteil von 24,6 Prozent (2015). In Deutschland insgesamt sind es 21 Prozent.

Wie hoch sind die gezahlten Renten?

Die meisten Männer im Westen erhalten eine monatliche Altersrente zwischen 1250 und 1300 Euro, im Osten zwischen 1000 und 1100 Euro (2016). An westdeutsche Frauen werden am häufigsten Altersrenten zwischen 200 und 300 Euro gezahlt, während ostdeutsche Frauen am häufigsten Altersrenten zwischen 800 und 850 Euro erhalten. Nur knapp zwei Drittel aller Einkommen der Seniorenhaushalte stammen aber von der
gesetzlichen Rente. 2015 kamen Ehepaare im Westen auf ein monatliches Nettoeinkommen von im Schnitt 2572 Euro, alleinstehende Männer auf 1593 und Frauen auf 1422 Euro. In den neuen Ländern verfügten Ehepaare über 2257 Euro, alleinstehende Männer über 1389 und Frauen über 1370 Euro.

Wie geht es bei der Rente weiter?

Die Rente gerät immer stärker unter Druck – weil das Älterwerden der Gesellschaft zu weniger Beitragszahlern, aber mehr Rentnern und längeren Rentenbezugszeiten führt. In den kommenden Jahren geht die Generation der Babyboomer schrittweise in Rente. Die Regierung setzt auf Vorschläge einer Rentenkommission, die für März 2020 angekündigt sind. Sie will die Rente auskömmlich halten, ohne die jüngeren Beitrags- und Steuerzahler zu überfordern. Wichtig ist ihr, dass die Menschen auch privat oder betrieblich vorsorgen.

Noch nicht vom Tisch ist eine Koppelung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Zudem sind Verbesserungen für kleine Selbstständige geplant, für langjährig gering Verdienende und für gesundheitlich geschädigte Frührentner: All diese Gruppen sind – anders als das Gros der Rentner heute – besonders von drohender Altersarmut bedroht.

Fotocredits: Silas Stein
(dpa)

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