Vorläufige Leistungen des Jobcenters statt Sozialhilfe

Essen – Nicht immer ist sofort klar, ob jemand Ansprüche aus Arbeitslosigkeit oder wegen Erwerbsunfähigkeit hat. Doch auch wenn der Fall noch geprüft wird, haben Betroffene Anspruch auf Zahlungen, wie eine Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen zeigt.

In einem Eilverfahren wurde ein Jobcenter zur Zahlung von Leistungen verpflichtet, da trotz Zweifeln an der Erwerbsfähigkeit eine Verweisung an den Sozialhilfeträger nicht zulässig war (Az.: L 9 SO 427/15 B ER). Darauf weist die
Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) hin.

Der Fall: Der 1976 geborene Mann hatte Anspruch auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende. Deshalb beantragte er beim Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Es bestanden Zweifel an seiner Erwerbsfähigkeit. Dies ergab sich aus einem arbeitsmedizinischen Gutachten der Agentur für Arbeit. Deshalb verwies das Jobcenter den Mann auf die Stadt Herne als Sozialhilfeträger. Dieser ist für nicht erwerbsfähige Personen zuständig. Der Sozialhilfeträger lehnte jedoch die Zahlung von existenzsichernden Leistungen ab.

Das Urteil: Das Landessozialgericht verurteilte das Jobcenter, vorläufig zu zahlen. Es sei zwar juristisch richtig, dass Leistungen eine Erwerbsfähigkeit voraussetzten. Bis zur Feststellung einer Erwerbsunfähigkeit habe das Jobcenter jedoch vorläufig Leistungen zu gewähren. Dadurch solle verhindert werden, dass ein Betroffener zwischen die Stühle gerate und gar keine Leistungen erhalte. Das Jobcenter dürfe fehlende Erwerbsfähigkeit nicht annehmen, ohne zuvor den Sozialhilfeträger eingeschaltet zu haben.

Fotocredits: Jens Kalaene
(dpa/tmn)

(dpa)