Verpflichtung zum Ehrenamt: Wenn aus Bürgern Schöffen werden

Greußen – Plötzlich Schöffe! Viele wollen das Amt des ehrenamtlichen Richters machen, anderen passt es gar nicht in ihr Privat- und Berufsleben. Wer es gerne ausüben will, kann sich dafür zum Teil noch bewerben.

Im Sommer steht bundesweit die nächste Wahl an. Dann werden die Schöffen ausgewählt, die von 2019 bis 2023 Dienst machen müssen. Wichtige Fragen und Antworten zum Thema Schöffenwahl:

Was machen Schöffen?

Schöffen sind ehrenamtliche Richter. Sie werden für fünf Jahre gewählt. Nur deutsche Staatsangehörige zwischen 25 und 70 Jahre und ohne Vorstrafen dürfen Schöffen werden. Bei einer Verhandlung haben sie das gleiche Stimmrecht wie die Berufsrichter und entscheiden über Schuld und Strafmaß von Angeklagten. Bundesweit gibt es circa 60 000 Schöffen, schätzt Andreas Höhne, Vorsitzender des Bundesverbands ehrenamtlicher Richterinnen und Richter in Greußen bei Erfurt.

Welche Pflichten haben sie?

Ist ein Schöffe für einen Prozess ausgewählt worden, besteht bei jeder Sitzung Anwesenheitspflicht. Ist er verhindert, muss er dies rechtzeitig vor Beginn der Verhandlung mitteilen. Fehlt ein Schöffe unentschuldigt oder findet er sich unentschuldigt nicht rechtzeitig ein, droht ein Ordnungsgeld von bis zu 1000 Euro.

Wie werden Bürger zu Schöffen?

Auf drei Wegen. Sie können sich bewerben. Die Fristen sind von Kommune zu Kommune unterschiedlich und können dort erfragt werden. Für die nächste Wahl können sich zum ersten Mal Schöffen bewerben, die in ihrer zweiten Amtszeit sind, erklärt Höhne. Bislang mussten sie danach eine Zwangspause einlegen – diese Regel gelte ab Oktober nicht mehr. Verbände, Parteien, Vereine können Personen vorschlagen. Wenn die Liste über Vorschläge und Bewerbungen nicht voll geworden ist, entscheidet am Ende der Zufall: Aus dem Melderegister werden dann infrage kommende Bürger ausgewählt.

Die Vorschlagsliste muss mindestens doppelt so viele Kandidaten aufführen, wie gebraucht werden. Diese Liste kommt zum zuständigen Amtsgericht, dort wählt ein Ausschuss die künftigen Schöffen.

Was ist, wenn man kein Schöffe werden will?

Nach der schriftlichen Benachrichtigung, dass man als Schöffe ausgewählt wurde, muss man in diesem Fall aktiv werden. Die Frist dafür beträgt nach Angaben des
Justizportals Nordrhein-Westfalen eine Woche nach Erhalt des Briefes. Die Aussichten auf eine Streichung von der Schöffenliste stehen in der Regel schlecht. «Man hat nahezu keine Chance, Nein zu sagen», sagt Höhne mit Verweis auf die entsprechenden Paragrafen 35 im
Gerichtsverfassungsgesetz. Ärzte und Hebammen dürfen das Amt etwa ablehnen. Auch Menschen, die Angehörige pflegen, haben gute Aussichten. Ansonsten wird es schwer.

Wann erfahren Schöffen von ihrer Wahl – und ihren Einsätzen?

Im November bekommen alle neu gewählten Schöffen Bescheid. Die sogenannten Hauptschöffen kriegen dann auch die Liste mit ihren maximal zwölf Verhandlungen im kommenden Jahr. Anders läuft es bei den Hilfsschöffen, die ausgefallene Hauptschöffen ersetzen. Jeweils 14 Tage vor dem Termin bekommen sie ihre Benachrichtigung. Auch ein Anruf am selben Tag ist möglich, sofern ein Hauptschöffe kurzfristig fehlt – sie leisten quasi Bereitschaftsdienst und müssten ihre Arbeit in so einem Fall im Zweifel liegen lassen. Höhne sagt: «Hilfsschöffen beneide ich nicht, denn die müssen Gewehr bei Fuß stehen.»

Der Fachmann rät allen Schöffen, den Arbeitgeber zu informieren, sobald sie über ihre Wahl Bescheid wissen und ihre Einsatztermine kennen. So könne die Firma für diese Zeiten Ersatz besorgen. Eine Benachrichtungspflicht an den Arbeitgeber haben Schöffen nicht.

Muss der Arbeitgeber Schöffen für die Gerichtseinsätze freistellen?

Ja. Und sie kriegen einen Verdienstausfall gezahlt. Es gilt aber nicht das Arbeitszeitgesetz, denn das Schöffenamt ist ein Ehrenamt. Das heißt: Es ist möglich, dass der Arbeitgeber einem Schöffen nach einem stundenlangen Gerichtseinsatz am Morgen eine Spätschicht gibt.

Fotocredits: Friso Gentsch
(dpa/tmn)

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