Patientin muss Zahnarzt-Pfusch nicht bezahlen

Karlsruhe – Der Bundesgerichtshof (BGH) stärkt die Rechte von Patienten bei Pfusch durch den Zahnarzt. Sie müssen keine Leistungen bezahlen, die so schlecht erbracht wurden, dass auch der Nachbehandler nichts mehr retten kann. Das haben die obersten Zivilrichter in Karlsruhe entschieden.

In dem betreffenden
Fall hatte ein Zahnarzt der Frau acht Implantate gesetzt, ehe sie die Behandlung wegen Komplikationen abbrach. Für die Behandlung sollte sie ein Honorar von mehr als 34.000 Euro bezahlen.

BGH hebt Urteil des Oberlandesgerichts Celle auf

Zuletzt hatte das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass dem Arzt trotz der missglückten Behandlung knapp 17.000 Euro zustehen – die Weiterverwendung der Leistungen sei für die Frau «jedenfalls eine Option». Das sieht der BGH anders. Ein Zahnarzt könne zwar kein Gelingen versprechen. Im konreten Fall seien aber gravierende Behandlungsfehler passiert, die erbrachten Leistungen seien für die Frau nutzlos.

Ein Sachverständiger im Prozess hatte sämtliche der in Hannover gefertigten Implantate als unbrauchbar bezeichnet, weil sie nicht tief genug im Kieferknochen säßen und falsch positioniert seien. Für die Weiterbehandlung gebe es deshalb nur die Wahl zwischen «Pest und Cholera»: Bleiben die Implantate im Kiefer, muss die Frau auf Jahre mit einem erhöhten Entzündungsrisiko leben. Lässt sie sie entfernen, kann der Knochen so geschädigt werden, dass neue Implantate nicht mehr halten.

Nach Auffassung des BGH sind die Leistungen damit «objektiv und subjektiv völlig wertlos». Der Klägerin bleibe keine zumutbare Behandlungsvariante. Deshalb muss sie dafür auch nichts bezahlen.

Welche Posten auf der Honorarrechnung möglicherweise berechtigt sind, muss jetzt eine andere Kammer des OLG Celle ermitteln. Dort wird der Fall neu verhandelt und entschieden. (Az. III ZR 294/16)

Was Patienten bei Behandlungsfehlern tun können

Haben Patienten den Verdacht auf einen Behandlungsfehler, können sie verschiedene Hilfsmöglichkeiten in Anspruch nehmen. Als Erstes sollten sie den behandelnden Arzt auf den vermuteten Fehler ansprechen. Am besten notiert sich der Betroffene vor dem Gespräch konkrete Fragen, wie «Haben Sie eine falsche Diagnose gestellt? Und wenn ja, warum?». Kann der Arzt die Zweifel nicht zerstreuen, können sich Betroffene an Schlichtungsstellen der Ärzte- und Zahnärztekammern werden. Darauf weist die Bundeszahnärztekammer hin.

Die zahnärztliche
Patientenberatung richtet sich sowohl an gesetzlich als auch privat Versicherte. Auch die gesetzlichen Krankenkassen helfen weiter, wenn sie die Behandlung bezahlt haben. Der medizinische Dienst kann beispielsweise die Behandlungsunterlagen überprüfen. Der Vorteil: Eine außergerichtliche Streitbeilegung ist für den Patienten kostenfrei – und oft kürzer als ein Zivilgerichtsverfahren.

Ist eine Einigung nicht möglich, bleibt nur der Weg einer Klage. Dafür sollten sich Patienten einen Fachanwalt für Medizinrecht suchen. Ansprechpartner finden Verbraucher über die örtlichen Anwaltskammern. Wichtig zu wissen: Die Beweislast, dass tatsächlich ein Behandlungsfehler vorliegt, liegt grundsätzlich beim Patienten.

Fotocredits: Markus Scholz
(dpa)

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