Familiäre Bindung kann 24-Stunden-Pflege zu Hause begründen

Fulda – Ein behinderter Mensch kann Anspruch auf eine ambulante 24-Stunden-Betreuung in häuslicher Umgebung haben. Das gilt dann, wenn die Beziehungen zu Hause für den gesundheitlichen Zustand wesentlich sind und bei stationärer Pflege eine Verschlechterung des Zustandes zu erwarten wäre.

Der Fall beim Sozialgericht Fulda: Ein 28 Jahre alter Mann erlitt bei einem Verkehrsunfall im Jahr 2012 ein Schädelhirntrauma. Wegen der bestehenden Behinderungen erhält er Leistungen der Pflegeversicherung gemäß Pflegegrad 5. Der Grad der Behinderung beträgt 100. Der Mann, der zusammen mit seiner Mutter in einem Haus wohnt, beantragte beim Landkreis Eingliederungshilfe. Das beantragte Budget für eine ambulante 24-Stunden-Pflege beträgt 13.000 Euro monatlich.

Der Landkreis bewilligte aber nur Leistungen in Höhe von 4800 Euro monatlich. Die Behörde meinte, dass eine Unterbringung in einer rund 20 Kilometer entfernt gelegenen stationären Einrichtung grundsätzlich zumutbar sei. Die ambulante Versorgung sei mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden.

Das Urteil: Das Sozialgericht gab dem Mann Recht. Er habe Anspruch auf ein persönliches Budget für die ambulante 24-Stunden-Pflege in voller Höhe. Man müsse die sehr intensive Beziehung des Mannes zu seiner Mutter berücksichtigen, heißt es im Urteil. Ein Umzug hätte erhebliche negative Auswirkungen auf seine psychische Stabilität.

Gegen eine stationäre Versorgung spreche vor allem, dass der Mann im häuslichen Umfeld dauerhaft von vertrauten Personen betreut und versorgt würde. Ohne ständige Anregungen würden die in den Jahren zuvor mit Hilfe der Mutter erworbenen Fähigkeiten zum Stillstand kommen. Wegen der Personalsituation in solchen Einrichtungen würde sich der gesamte pflegerische Zustand verschlechtern (Az.: S 7 SO 73/16). Über den Fall informiert die
Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Fotocredits: David-Wolfgang Ebener
(dpa/tmn)

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