Experten warnen vor illegalen Knallern

Berlin – Eine, vielleicht zwei Sekunden lang sticht eine rötliche Flamme aus dem Böller heraus, dann knallt es. Die Handattrappe, die den Böller hält, zerfetzt es in ihre Einzelteile.

Auch die Halterung, in der die Attrappe fixiert war, ist weggesprengt. Ein Video, das die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) in Berlin vorführt, macht die teils verheerende Zerstörungskraft illegaler Silvesterknaller deutlich.

BAM-Experte Christian Lohrer würde bei nicht zugelassenen Knallkörpern grundsätzlich vom «Worst Case» ausgehen – einem «Blitzknallsatz», also einem Oxidationsmittel in einer gewissen Mischung mit einem Metallpulver, das bei sehr hohen Temperaturen heftig abbrennt. «Wenn man den anzündet kann es zu einem Knalltrauma oder zu einem Abriss von Fingern kommen», warnt Lohrer.

Je nach Größe eines Blitzknallsatzes kann durchaus die gesamte Hand weg sein. Ein geprüfter Böller, der in der Hand explodiert, hinterlässt dagegen zwar Brandspuren auf der Haut, aber er reißt keine Gliedmaßen ab.

Auch Handchirurgen warnen vor nicht zugelassenem Feuerwerk: Die schwersten Folgen – wie eine zerstörte Hand – verursachen selbstgebastelte oder außerhalb des Fachhandels erworbene Böller, teilen die Fachgesellschaften
DGH und DGOU gemeinsam mit. Die Ärzte rufen zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Feuerwerk auf.

Alle Jahre wieder warnen die Fachleute vom BAM nachdrücklich vor illegalem Silvester-Feuerwerk – an diesem Donnerstag zum 20. Mal. Die Bundesanstalt nutzt die Gelegenheit aber auch, zu erklären, wie man sicheres Feuerwerk erkennt und die Knaller richtig zündet.

Heidrun Fink vom BAM steht auf einer von Absperrband begrenzten Betonfläche auf dem Gelände der Bundesanstalt. Sie legt einen Böller auf den Boden, zückt ein Streichholz, entzündet es, entflammt die Zündschnur. Dann huscht sie hinter die Absperrung. Nach dem lauten Knall erläutert sie: Acht Meter Abstand sollten es sein, das gilt für alle Feuerwerkskörper der Kategorie F2.

Dann schleppt sie einen Getränkekasten an. Denn leere Sektflaschen sind zwar beliebte, aber auch alles andere als sichere Abschussrampen für Raketen. Stehen sie oder andere Flaschen in einem Kasten, kippen sie nicht um: Die Raketen zischen sicher gen Himmel.

Geprüfte Böller und Raketen erkennen Verbraucher an einer Registriernummer und dem CE-Zeichen (für europäische Richtlinien) in Verbindung mit der Kennnummer der Prüfstelle – derzeit gibt es davon 14 europaweit, die BAM hat die Prüfnummer 0589. Doch sie alle testen nach festgelegten EU-Normen, erklärt Lohrer. Die Experten nehmen zum Beispiel die Sprengkraft von Knallern unter die Lupe. Bei Raketen interessiert die Prüfer unter anderem die Flugstabilität.

Obwohl auch zertifizierte Knaller sehr laut sein können, scheinen viele trotz der Gefahr schwerster Verletzungen nicht auf den Kauf illegaler Böller verzichten zu wollen. Auf den grenznahen Märkten in Polen etwa bieten Händler sie an. «In Polen sind sie ebenso illegal», betont Lohrer. Allerdings gebe es dort weniger Marktaufsicht.

Illegale Knaller gelangen in immer größeren Mengen über die Grenze. Allein in der brandenburgischen Grenzregion zu Polen kamen im vergangenen Jahr 9,5 Tonnen Pyrotechnik aus dem Ausland zusammen, die nicht die erforderlichen Kennzeichnungen hatte. Die Menge wird dieses Jahr voraussichtlich erneut wachsen. «Die Tendenz ist steigend», sagt die Sprecherin des Hauptzollamtes Frankfurt (Oder), Astrid Pinz. Auch sehr große Feuerwerke, die nur von Profis gezündet werden dürfen, findet der Zoll immer wieder.

Mitunter gelingt den Zollbeamten ein richtig dicker Fang – zuletzt erst am Montag auf der Autobahn 15 in Südbrandenburg. 2,5 Tonnen unerlaubtes Knallzeug fuhr ein Kleintransporter in Kartons verpackt durch die Gegend. Der Wagen mit niederländischem Kennzeichen war in Fahrtrichtung Berlin unterwegs.

Prinzipiell raten die Experten vom Feuerwerkskauf im Ausland ab, nicht nur wegen möglicher fataler Sprengwirkungen. In anderen Ländern gibt es möglicherweise andere Bestimmungen. Dann ist das Feuerwerk in Deutschland vielleicht nicht zulässig. Zudem sollte man die Gebrauchsanleitung des Feuerwerks auch verstehen können.

Fotocredits: Tobias Kleinschmidt
(dpa)

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