BKA warnt vor mehr Angriffen auf Geldautomaten und Datenklau

Wiesbaden – Organisierte Tätergruppen haben Geldautomaten in Deutschland stärker ins Visier genommen. Allein 318 Automaten seien 2016 gesprengt worden, mehr als doppelt so viele wie im Jahr zuvor, sagte Sabine Vogt, Leiterin Schwere und Organisierte Kriminalität beim Bundeskriminalamt (BKA).

Zudem seien rund 400 Fälle angezeigt worden, bei denen die Täter mit Schneidwerkzeugen an das Geld in den Automaten kommen wollten, ebenfalls ein Plus. Um wie viel stehe noch nicht genau fest, sagte Vogt bei der Vorstellung des BKA-Lageberichts «
Angriffe auf Geldautomaten» 2016.

Die Täter versuchten auch wieder häufiger die Kartendaten und den PIN der Kunden beim Geldabheben am Automaten auszuspähen. Erstmals seit 2011 hätten diese sogenannten Skimming-Fälle wieder zugenommen. 369 Fälle von Datenklau wurden registriert, 94 Prozent mehr als im Vorjahr. Allerdings ging die Schadenshöhe zurück: Nach früheren Angaben der Frankfurter Einrichtung Euro Kartensysteme belief sich der Bruttoschaden 2016 auf rund 1,9 Millionen Euro – 2010 waren es laut BKA noch rund 55 Millionen Euro.

Bei den Geldautomaten-Sprengungen würden in Einzelfällen Hunderttausende Euro erbeutet. Eine Schätzung, wie viel Geld im Jahr auf diese Weise gestohlen wird, gebe es aber nicht, sagte Vogt. Noch höher als die Beute seien jedoch meist die Sachschäden – wie bei der Bank im hessischen Rodgau, deren Foyer nach einem Angriff in den frühen Morgenstunden des Donnerstag einsturzgefährdet war. Die Polizei fürchte, dass es bei den Sprengungen Verletzte geben werde, etwa weil Menschen in der Nähe sind oder in einer Wohnung über dem Automaten leben. «Wir haben es mit einem ernsthaften Kriminalitätsproblem zu tun.»

Schwerpunkt der Automatensprengungen war erneut Nordrhein-Westfalen. Das BKA geht von einem Verdrängungseffekt der Täter aus den benachbarten Niederlanden aus. So stammten 20 der 2016 45 festgenommenen Verdächtigen aus den Niederlanden. Das Land habe die Sicherheit seiner Geldautomaten deutlich verbessert, erläuterte Vogt. Die Täter hätten aber auch in Niedersachsen, Brandenburg, Hessen und gar dem weiter entfernten Bayern und Baden-Württemberg 2016 häufiger zugeschlagen. Es gebe auch Hinweise auf polnische Tätergruppen.

«Prävention ist ein wesentlicher Faktor, die Situation zu verbessern», sagte Vogt. Viele gesprengte Automaten stünden in ländlichen Regionen oder am Stadtrand. Und: «Die meisten Taten passieren zwischen zwei und fünf Uhr morgens.» So könnten etwa schon nächtliche Sperrungen helfen. Zudem gebe es eine Reihe technischer Möglichkeiten. In den Niederlanden beispielsweise seien die Räume von Geldausgabe und -Bestückung getrennt, was es den Tätern schwerer mache, bei einer Sprengung ans Geld zu kommen. Zudem könne das in den Automaten für die Sprengung eingeleitete Gas neutralisiert werden.

Beim Skimming seien die Täter «organisiert, professionell und sehr erfinderisch». Daher stiegen die Fälle jetzt erstmals wieder, obwohl sie unter anderem wegen der Einführung des Chip statt des Magnetstreifens für den Zahlungsverkehr zurückgegangen seien.

Skimming-Brennpunkt ist Berlin, möglicherweise auch wegen der zahlreichen außereuropäischen Touristen. Die Tatverdächtigen stammten vor allem aus Bulgarien, Rumänien und der Republik Moldau. Verbrauchern rät Vogt, die Hand bei der PIN-Eingabe über das Display zu halten und die Kontoauszüge regelmäßig zu kontrollieren.

Tipps für sicheres Geldabheben

Mit ein paar einfachen Mitteln können sich Verbraucher vor Skimming schützen, erklärt die Initiative Euro Kartensysteme, eine Einrichtung der deutschen Kreditwirtschaft für das Sicherheitsmanagement von Zahlungskarten:

– Verbraucher sollten darauf achten, dass ihnen am Geldautomaten niemand über die Schulter schaut. Wartende sollten einen ausreichenden Sicherheitsabstand einhalten. Und: Bei der Eingabe der PIN sollte die Hand über das Tastenfeld gehalten werden, damit die Zahlen an manipulierten Geldautomaten nicht ausgespäht werden können.

– Die persönliche Geheimzahl (PIN) der Karten darf nie auf einem Zettel zusammen mit der Karte im Geldbeutel aufbewahrt werden – auch nicht getarnt. Wer diese Gedächtnisstütze trotzdem nutzt, handelt grob fahrlässig und haftet meist selbst für finanziell auftretende Schäden bei Diebstahl oder Verlust der Karte.

– Geht die Karte verloren oder wird gestohlen, sollten Verbraucher sie schnell sperren lassen. Denn erst ab dem Moment der Sperrung kommt die Bank oder Sparkasse für mögliche finanzielle Schäden auf. Die zentralen Sperrnotrufnummern 116 116 beziehungsweise 01805 021 021 sind rund um die Uhr erreichbar.

Fotocredits: Arne Dedert
(dpa)

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